Oranienburg. Nach fast fünf Jahren Verhandlung und Diskussionen über die Zuwegung zu Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen stimmte deren Stiftungsbeirat am Montagnachmittag einer Variante zu, die einen gangbaren Kompromiss zwischen den Interessen der Anwohner und denen der Opferverbände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen darstellen könnte.
In einer Anwohnerversammlung, die am Sonntagnachmittag in den Räumlichkeiten der Gedenkstätte Sachsenhausen stattgefunden hatte, informierte Gedenkstättenleiter Dr. Axel Drecoll zusammen mit der hiesigen Anwohnerinitiative (AWI) um deren Sprecher Christian Wollank über den aktuellen Sachstand sowie die Pläne der Stiftungsleitung zur Umsetzung einer neuen Zuwegung für den Reisebusverkehr.
Demnach soll der künftige Reisebusparkplatz – wie von vielen vor Ort erhofft und wie bereits von der Oranienburger Stadtverordnetenversammlung im Juni 2020 beschlossen – auf die Freifläche hinter dem Gelände der Polizeihochschule (HPol) verlegt werden. Zusätzlich soll dabei eine neue Buswendeschleife auf dem Gelände des Finanzamtes im hinteren Bereich des T-Gebäudes entstehen, um damit auch jenen Besuchern, die mit Reisebussen ankommen, den historischen Weg der ehemaligen Häftlinge zum Lagereingang zu ermöglichen. Das zu gewährleisten und planerisch auszugestalten, war letztendlich eine zentrale Forderung der Opferverbände und des Internationalen Sachsenhausenkomitees (ISK), die ansonsten einer Verlegung des Reisebusverkehrs aus dem Wohnquartier entlang der Straße der Nationen, dem Sandhausener Weg sowie dem Schäferweg nicht hätten zustimmen können.
Die drei Oranienburger Landtagsabgeordneten Björn Lüttmann (SPD), Nicole Walter-Mundt (CDU) und Heiner Klemp (Bündnis 90/Die Grünen), die in den zurückliegenden fünf Jahren immer wieder zwischen den verschiedenen, teils verhärteten Fronten der Beteiligten vermittelt haben, zeigen sich dabei vorsichtig optimistisch, dass mit dem nun positiven Votum des Stiftungsbeirats eine Grundlage für die weitere Planung und letztlich auch Umsetzung der neuen Zuwegung gefunden werden konnte.
Björn Lüttmann (SPD) sagt: „Die berechtigten Interessen der Opferverbände, der Gedenkstätte, der Anwohnenden und der Stadt miteinander zu vereinen, ist nicht leicht. Jetzt endlich liegt ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, der eine gute Diskussionsgrundlage für den weiteren Prozess bietet und eine Einigung möglich werden lässt. Das ist schon ein großer Fortschritt, für den ich dem Stiftungsrat sehr dankbar bin. Alle Anwohnerinnen und Anwohner sowie Interessierte werden nun die Möglichkeit haben, sich den Vorschlag anzusehen. Voraussetzung für eine spätere Umsetzung ist jedoch eine möglichst breite Zustimmung. Ich hoffe, dass im weiteren Beratungsverlauf noch offene Fragen geklärt werden, um das Ziel, den Reisebusverkehr aus dem Wohngebiet rauszuholen, endlich umzusetzen.“
Nicole Walter-Mundt (CDU) sagt: „Eine Entlastung der Anwohnerinnen und Anwohner der Gedenkstätte Sachsenhausen vom Busverkehr scheint mit dem erneuten positiven Votum des Stiftungsbeirats greifbarer denn je. Dabei ist es mir allerdings besonders wichtig, dass der vorgelegte Kompromissvorschlag der Gedenkstättenstiftung letztlich auch auf die grundlegende Zustimmung in der Anwohnerschaft stößt. Dazu ist die Gedenkstätte in der Pflicht, die möglichen Konfliktfelder und Herausforderungen der von ihr präferierten Umsetzungsvariante mit der Wendeschleife am Finanzamt nun allen Beteiligten transparent und offen darzulegen, um das notwendige Einvernehmen vor Ort herzustellen. Fakt ist: Die Stadtverordneten haben ihre Hausaufgaben hierzu bereits im Juni 2020 gemacht und die notwendigen Beschlüsse für eine Umsetzung und Ausfinanzierung zur Verlegung des Reisebusverkehrs und des neuen Parkplatzes hinter das Gelände der Polizeihochschule herbeigeführt.“
Heiner Klemp (Bündnis 90/ Die Grünen) sagt: Nach hartem Ringen ist eine Kompromissvariante gefunden, die die Belastungen besser verteilt: Linienbusse und Pkw nutzen weiter die Straße der Nationen, Reisebusse fahren nicht mehr über das Kopfsteinpflaster. Die geplante Verlegung des Reisebus-Parkplatzes reduziert die Lärmbelastung für den Großteil der Anwohner*innen zusätzlich, denn mitten im Wohngebiet über Stunden laufende Motoren für den Betrieb von Klimaanlagen oder Heizungen in den Bussen waren ein Haupt-Kritikpunkt. Zur Wahrheit gehört auch, dass es in der nun vorgelegten Variante zwar deutlich weniger, aber neue Betroffene gibt, deren Bedenken wir ernst nehmen und gegen die Verbesserungen abwägen müssen. Entscheidend ist dabei, auch sie bestmöglich vor Lärm zu schützen. Nicht aus den Augen verlieren dürfen wir zudem den Wartebereich für den Linienverkehr, der schleunigst Sitzgelegenheiten, Wetterschutz und WLAN bekommen muss.