Seit 2010 hat Greifswald ein städtisches Klimaschutzkonzept, 2018 hat die Bürgerschaft beschlossen, sich der Agenda 2030 anzuschließen, die die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung umfasst. Greifswald ist Fair-Trade-Stadt und Finalistin im Wettbewerb um den Deutschen Nachhaltigkeitspreis, in dessen Begründung festgestellt wird: Die Hansestadt ist „eine der nachhaltigsten Kommunen Deutschlands“.
Grund genug, auf der Sommertour einen Blick über den märkischen Tellerrand hinaus zu wagen und zu schauen, was Greifswald so besonders macht. Das große Nachhaltigkeitskonzept ist noch in Arbeit, aber: „Wir sind Freunde der kleinen konkreten Maßnahmen“, sagt der bündnisgrüne Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder. Dazu gehören der Anschluss an das Mehrwegbecher-System ReCup und die Anschaffung von kostenlos ausleihbaren Lastenrädern in Kooperation mit der Universität, aber auch die Nutzung von ökologischen Reinigungsmitteln in der Stadtverwaltung.
Das alles gehört zum großen Bereich Beschaffung, über den ich mich bei meinem Besuch mit Oberbürgermeister Fassbinder und seinem Klimaschutzbeauftragten Dr. Stephan Braun unterhalten habe. Was für fast jede Station meiner Sommertour gilt, trifft auf Greifswald besonders zu: Ein SDG ist nicht genug – schon gar nicht für eine Stadt, die sich der Agenda 2030 verpflichtet hat. Im Fokus unseres Austauschs heute stand jedoch SDG 12 – Nachhaltiger Konsum und Produktion.
Ein sehr anschauliches Beispiel dafür sind die fairen Greifswalder Bälle: Fuß-, Volley- und Handbälle aus fairem Handel, die über den städtischen Sportbund an die Vereine verteilt werden. „Wir haben uns das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben“, sagt Rita Kremer, Leiterin der Geschäftsstelle des Stadtportbundes. So richtig los ging es mit einem Satz fair gehandelter Fußbälle, die dank der Unterstützung der Sparkasse Vorpommern angeschafft werden konnten.
In Zukunftswerkstätten und bei Sportfesten trägt der Sportbund seitdem das Thema nachhaltige Beschaffung mit Ausstellungen und Infoständen in die mehr als hundert Sportvereine der Stadt – und die machen mit: Auf den vielen städtischen Sportanlagen werden die Getränke heute fast ausschließlich in Mehrwegbechern ausgeschenkt, bei Turnieren gibt es zur Stärkung Müsliriegel und Bananen aus fairem Handel und der Greifswalder FC hat mittlerweile ebenso einen Nachhaltigkeitsbeauftragten wie der Handballclub Vorpommern Greifswald. Hunderte T-Shirts und Bälle aus fairem Handel sind in Greifswald im Umlauf – und wecken bei Auswärtsspielen die Aufmerksamkeit der Konkurrenz. „Wir hoffen natürlich auf Nachahmer“, sagt Rita Kremer.
„Für uns als Stadt ist der Sportbund ein Traumpartner“, betont Dr. Stephan Braun. Denn nur, wenn die Menschen an den entscheidenden Stellen an einem Strang ziehen, könne das Beschaffungswesen wirklich nachhaltig aufgestellt werden. Dafür hat sich Greifswald eigens eine Richtlinie gegeben. „Da haben wir lange dran gewerkelt“, sagt der Oberbürgermeister. Haupthürde auf dem Weg zu einem nachhaltigen Beschaffungswesen auf kommunaler Ebene sei nämlich weder das Geld, noch der politische Wille, sondern der rechtliche Rahmen: Bestimmte Einschränkungen und Vorschriften, die für öffentliche Ausschreibungen gelten, lassen sich nicht aushebeln, bestimmte Fragen nicht so einfach beantworten, wie es auf den ersten Blick scheint. Klar: Am liebsten sollen nur regionale Produkte auf den städtischen Tisch, aber: „Was ist überhaupt regional?“, ist eine solche Frage, erklärt Fassbinder.
Hier wiederum sind wir in Brandenburg auf einem guten Weg, denn wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, auf Landesebene ein Regionalsiegel zu entwickeln. Fazit meines Abstechers ins Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern: Der Blick über die Landesgrenze lohnt sich, denn es gibt viel, das wir voneinander lernen können!