Eine Polderfläche wird zum Moor: Riesenchance für den Klimaschutz

Blick in die Ferne: Über 94 Hektar erstreckt sich die renaturierte Polderfläche an der Westküste der Insel Rügen.
Blick in die Ferne: Über 94 Hektar erstreckt sich die renaturierte Polderfläche an der Westküste der Insel Rügen.

Das globale Nachhaltigkeitsziel 14 – Leben unter Wasser – hat mich heute auf die Insel Rügen geführt, genauer gesagt zum Polder Drammendorf im Westen der Insel. Dabei handelt es sich um ein Renaturierungsprojekt der Naturschutzstiftung Deutsche Ostsee in Kooperation mit dem WWF und dem Bundesamt für Naturschutz. Jahrzehntelang eingedeicht, entwässert und intensiv bewirtschaftet, war hier vom ursprünglichen Lebensraum Küstenüberflutungsmoor nicht mehr viel übrig.

Das ändert sich gerade, berichteten mir und einer Gruppe Grüner aus dem Kreisverband Vorpommern-Rügen Rasmus Klöpper von der Ostseestiftung und Daniel Pönisch vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW): Der Polder ist in den vergangenen zwei Jahren auf einer Fläche von etwa 94 Hektar renaturiert, der alte Deich abgetragen worden. Damit kann die Ostsee dieses Gebiet nun wieder überfluten und artenreiches Salzgrünland entwickelt sich. Schon jetzt schwärmen Ornithologen laut Klöpper von den Vogelarten, die auf der renaturierten Fläche beobachtet werden können.

Und das Leben unter Wasser? Profitiert mittelbar: Eine der vielen wichtigen Funktionen von Überflutungsmooren ist der Nährstoffrückhalt. Wiederhergestellte Moore an der Küste sorgen also im besten Fall dafür, dass die für den Lebensraum Ostsee hochproblematische Eutrophierung, die unter anderem zu Algenwachstum und – damit verbunden – Sauerstoffmangel führt, eingedämmt wird.

Hinzu kommt das ungeheure Potenzial, das Moore für das Erreichen der Klimaschutzziele haben: Allein in Mecklenburg-Vorpommern lässt sich ein Drittel der gesamten Treibhausgas-Emissionen auf entwässerte Moore zurückführen. Entsprechend groß ist das CO2-Einsparpotenzial, wenn diese wieder vernässt werden. Ein Problem dabei ist der so genannte Methanpeak: Im wassergesättigten Boden geht zwar der Ausstoß von CO2 zurück, aber vorübergehend werden erhebliche Mengen Methan – ebenfalls ein Treibhausgas – freigesetzt.

Dies gilt zumindest für die Vernässung mit Süßwasser. Denn wie Daniel Pönisch uns erklärte, unterdrückt das Sulfat im salzigen Brackwasser die Methanproduktion: „Ein hoher Methanpeak ist hier nicht zu sehen.“ Feststellen lässt sich das durch mehrere Forschungsstationen, die das IOW in der Polderfläche installiert hat – und mit denen es auch in den kommenden Jahren Nährstoffeinträge und Treibhausgasemissionen überwachen wird.

Bei unserem Vor-Ort-Termin waren sich alle einig: Die Wiedervernässung von Mooren ist ein wichtiger Baustein, wenn es darum geht, die Klimaschutzziele zu erreichen – dies gilt übrigens trotz des Methanpeaks auch für Moore im Binnenland, wie wir sie in Brandenburg haben! Denn nach mehreren Jahren sind nasse, intakte Moore nicht nur klimaneutral, sondern nehmen sogar CO2 auf.

Hintergrund: Die Renaturierung des Polders Drammendorf ist eines von vielen Projekten der Ostseestiftung zur Verbesserung des Lebensraums Ostsee. Entstanden ist die Ostseestiftung als Ergebnis des Kampfs der Umweltverbände um Ausgleichsmaßnahmen für die erste Nord-Stream-Pipeline: Stifterin ist die Nord Stream AG, das Stiftungskapital beträgt zehn Millionen Euro. Im Vorstand und Aufsichtsgremien der Ostseestiftung sitzen unter anderen Vertreter*innen von BUND, WWF und NABU.

Website der Ostseestiftung