Hier gibt es, so scheint es, alles: Da wächst Wilde Möhre, dort die Wegwarte. Wir finden Johanniskraut und Schafgarbe, Rheinfarn und Natternkopf, mehrere Arten der Königskerze, Distel und Sauerampfer, Muskatellersalbei und Herzgespann. Es summt und brummt, fliegt und flattert – und mitten in der explodierenden Artenvielfalt plötzlich: eine Gottesanbeterin, die hier, in der Nähe von Beelitz, eigentlich gar nichts verloren hat, ist sie doch eigentlich im Mittelmeerraum ansässig.
Im Rahmen meiner „2024 Zukunftstour Brandenburg: Auf dem Weg zu innovativen Unternehmen und Projekten“ besuche ich zusammen mit Christian Wessel, dem bündnisgrünen Landtagskandidaten für Potsdam-Mittelmark, einen ehemaligen Acker, den der in Beelitz seit 2018 ansässige Verein Blühstreifen in den vergangenen Jahren in ein buntes Paradies für Insekten verwandelt hat – und auf dem sowohl die Folgen des Klimawandel als auch seine Lösung zu besichtigen sind. Links und rechts wächst Mais in Monokultur, aber auf dem schmalen Streifen, der insgesamt drei Hektar einnimmt, finden Insekten und Kleintiere eine bitter nötige Oase, in der sie überleben können. Die Gottesanbeterin hat uns gezeigt, dass der Klimawandel längst auch hier angekommen ist – aber die Wildblumenwiese ist eben auch ein wichtiger Beitrag, diese Folgen einzuschränken.
Schon auf meiner Sommertour 2021 hatte ich Kerstin und Lutz Pahl, den Gründer*innen des Vereins Blühstreifen Beelitz einen Besuch abgestattet. In den vergangenen Jahren haben die beiden mit ihrem Engagement viel erreicht. Sie haben teures Saatgut aus regionaltypischen Wildsamen verteilt, Umweltbildung mit Kita- und Schulkindern organisiert, Bäche renaturiert und vor allem bei Landwirten in Beelitz und Umgebung hartnäckig Überzeugungsarbeit geleistet. Sie haben auch erreicht, dass es nun endlich in Brandenburg als letztem Bundesland eine Förderung gibt, wenn landwirtschaftliche Betriebe Ackerflächen stilllegen und die Natur sich selbst überlassen. Und sie haben den bündnisgrünen Ortsverband Beelitz gegründet. Seitdem allerdings, berichten die beiden, hat die Unterstützung der lokalen Spargelbauern, die das politische und gesellschaftliche Geschehen in der bundesweit als Spargel-Hochburg berühmten Kommune prägen, leider spürbar nachgelassen. Doch davon lassen sich die Pahls und ihre Mitstreiter*innen im Verein Blühstreifen nicht entmutigen und kämpfen weiter dafür, dass Kommunen und Landwirte immer mehr Flächen sich selbst überlassen, um das Insektensterben aufzuhalten und die Biodiversität zu fördern.
In den Gesprächen mit Kerstin und Lutz Pahl erfahren wir vor allem, dass viel Ausdauer und noch mehr Pragmatismus nötig sind, wenn man in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend nachhaltigen Naturschutz durchsetzen will. Diese im wahrsten Sinne des Wortes Graswurzelbewegung braucht einen langen Atem – und die Unterstützung in den Parlamenten. Ihr Verein, sagt Kerstin Pahl, ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte, aber leider geht es den Insekten immer noch nicht besser – nicht zuletzt weil das Glyphosat-Verbot in der EU verschleppt wird.
Umso wichtiger deshalb, dass wir uns als Bündnisgrüne die Bemühungen des Vereins Blühstreifen Beelitz unterstützen. Erst kürzlich hat meine Fraktionskollegin und umweltpolitische Sprecherin Isabell Hiekel eine Kleine Anfrage im Landtag zu „Insekten- und Umweltschutz an Straßenrändern“ gestellt, denn „das Straßenbegleitgrün ist ein bisher unterschätzter Lebensraum für Flora und Fauna“. Nun kam die Antwort der Landesregierung – und es geht voran, sagt Isabell: „Ich freue mich, dass sich jahrelange bündnisgrüne Arbeit nun auszahlt und zwei Straßenmeistereien konkrete Maßnahmen zur insektenfreundlichen Mahd erprobt haben.“
Natürlich kann das nur ein Etappenerfolg sein, aber mein Besuch beim Verein Blühstreifen Beelitz hat mir wieder einmal vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass Grüne Politik auch künftig in Brandenburg im Parlament und in der Regierung vertreten sein muss.