Es war ein sehr sonniger Sommertag. Ein Tag, der wie gemacht war, um mit einem Boot gemütlich übers Wasser zu tuckern. Und tatsächlich: Steht man am Stadthafen in Liebenwalde und guckt zu, wie die Urlauber auf ihren Booten unter der Klappbrücke in Liebenwalde in den Finowkanal einfahren, ist das ein sehr idyllischer Anblick. Allerdings: Über der Szenerie hängt, meist kaum zu riechen, aber doch immer da, ein Geruch nach Diesel. Denn immer noch fahren die allermeisten Motorboote nicht mit nachhaltiger Energie, sondern pusten Abgase und CO2 in die Luft.
Aber das soll sich ändern. Daran arbeiten gleich mehrere Organisationen und Unternehmen, die ich im Rahmen meiner „2024 Zukunftstour Brandenburg: Auf dem Weg zu innovativen Unternehmen und Projekten“ in Liebenwalde treffen konnte. Die Wassertourismus Initiative Nordbrandenburg (WIN-AG), die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Obere Havel, die Wirtschafts-, Innovations- und Tourismusförderung Oberhavel (WInTO), die H2 Wasserstoffregion Uckermark-Barnim und die Kreiswerke Barnim – sie alle hatten Vertreter*innen nach Liebenwalde geschickt, um sich zu vernetzen – und mich zu informieren, wie es vorangeht mit der Elektrifizierung des Wassertourismus.
Denn darum geht es bei dem Projekt „Modellregion Elektromobilität“, das ich während meiner Zeit als Abgeordneter im Landtag Brandenburg immer positiv begleitet habe. Allein im vergangenen Jahr besuchte ich auf meiner Sommertour die Firma BunBo („Das Bungalow-Boot“), die Mietboote mit Elektroantrieb anbietet, und saß auf dem Podium beim zweiten Electric Summit, der am Rande der Messe Boat & Fun in Berlin stattfand.
Als bündnisgrüner Abgeordneter bin ich natürlich sehr dafür, dass der Wassertourismus möglichst umweltverträglich wird. Es ist viel Geld in den vergangenen Jahrzehnten in den Ausbau von Kanälen und Schleusen geflossen, teure Hebebrücken wurden gebaut. Der nächste Schritt muss nun sein, da waren sich alle Anwesenden bei dem Treffen im Stadthafen Liebenwalde einig, diesen wachsenden und für Brandenburg immer wichtiger werdenden Wirtschaftszweig möglichst nachhaltig zu gestalten. Wie dieser Umbau vorangeht, das machen uns andere Regionen in Europa längst vor: So dürfen ab 2025 Boote mit Verbrenner nicht mehr durch die Amsterdamer Innenstadt fahren.
Bei uns in Brandenburg haben wir allerdings noch ein Problem: In den Marinas der größten Wassertourismus-Region Europas, die sich von Berlin aus bis zur Mecklenburgischen Seenplatte erstreckt, fehlen immer noch Ladesäulen für Elektro-Boote. Das soll sich mit der „Modellregion Elektromobilität“ ändern. Dazu hat die WInTO vor wenigen Monaten extra den Projektkoordinator Jakob Wemhoff eingestellt, dessen vorrangige Aufgabe es ist, eine Ladesäulenstruktur aufzubauen. Wemhoff hat 30 Marinas angefragt und bereits die ersten positiven Rückmeldungen bekommen, erzählte er in Liebenwalde. Das Ziel ist es, mindestens 15 Ladesäulen zu errichten – und das möglichst zeitgleich, denn nur ein geschlossenes Netz verspricht die Sicherheit, die Urlauber, Sportbootbesitzer und nicht zuletzt Bootsverleiher brauchen, um auf E-Mobilität umzusteigen. Die Nachfrage ist auf jeden Fall vorhanden, sagt Wemhoff, denn „wer einmal mit einem E-Boot gefahren ist, will immer E-Boot fahren“. Gerade Urlauber wollen lieber emissionsfrei und umweltfreundlich unterwegs sein, als in der Stille der Natur ihren eigenen Dieselmotor hören zu müssen.
Die Technik steht auf jeden Fall bereit, und sie ist auch bezahlbar. Das versicherte Maria Bouillet, die Geschäftsführerin von Bouillet Energy, die ebenfalls in Liebenwalde dabei war. Ihre Firma hat eine spezielle Ladesäule für Bootsstege entwickelt. Die besitzen zwar grundsätzlich dieselbe Technik wie Ladesäulen für Autos, müssen aber wegen des Aufbaus in Wassernähe zusätzliche Sicherheitsanforderungen erfüllen. Betrieben und gewartet werden könnten die Ladesäulen dann von den Kreiswerken Barnim, versicherte deren Prokurist Christian Vahrson, man habe mit Elektromobilität schon ausreichend Erfahrungen sammeln können.
Trotzdem wird es wohl nicht möglich sein, das Modellprojekt ohne Fördergelder umzusetzen. Die Kosten für eine einzelne Ladesäule liegen zwar nur im vierstelligen Bereich, aber solange kaum Elektroboote unterwegs sind, lohnt sich für Marina-Besitzer selbst diese Investition nicht. Aber ohne eine vernünftige Ladesäulen-Infrastruktur wagen sich nicht mehr Elektroboote aufs Wasser. Dieses Dilemma müsste mit einer Anschubfinanzierung durchbrochen werden. Die Verantwortlichen, die in Liebenwalde zusammenkamen, denken darüber nach, über das LEADER-Programm der EU die entsprechenden Gelder zu beantragen.
Ich glaube allerdings, LEADER ist mit seiner dezentralen Konzeption nicht das richtige Förderinstrument. Aber ich werde jedenfalls dafür werben, dass in der nächsten Legislaturperiode ein entsprechendes Programm aufgelegt wird. Denn die Nachfrage nach sauberem Wassertourismus wird immer größer, die Technik ist bezahlbar und die Bereitschaft bei den Verantwortlichen vorhanden. Bei diesen Voraussetzungen, sollte es doch zu schaffen sein, den Wassertourismus ein Stück grüner zu machen.