Rede beim Kongress des Europarats vom 26.3.2024

Antisemitismus und Islamfeindlichkeit nehmen zu in Europa. Darüber dürfen wir nicht länger schweigen. Der Europarat sieht seine Aufgabe auch im Schutz von Religionsfreiheit und Toleranz. Erheben wir unsere Stimme gegen Hass und Vorurteile! Gemeinsam können wir eine Gesellschaft schaffen, die Unterschiede wertschätzt und Zusammenhalt fördert. Hier findet ihr meine Rede zu Antisemitismus und Islamfeindlichkeit beim Kongress des Europarats in dieser Woche:

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie mich aus aktuellem Anlass zunächst auf einen Vorfall zu sprechen kommen, der sich gegen einen muslimischen deutschen Fußballspieler richtet und der ein Beispiel für die in Deutschland von rechtspopulistischen Kreisen verbreitete Islamophobie ist. Gerade hat der Nationalspieler im Freundschaftsspiel Deutsch­land – Frankreich eine gute Leistung abgeliefert, kursieren in den sogenann­ten Sozialen Medien Bilder des Spielers mit einer muslimi­schen Geste, dem Tauhid, die dieser zum Beginn des Ramadans gepostet hatte.

Allerdings wird er damit jetzt von Rechtspopulisten in die Nähe der Terror­organisation des sogenannten Islamischen Staates gerückt. Die Zuordnung gläubiger muslimischer Menschen zu irgendwelchen Terrorbewegungen, nur, weil sie ihren Glauben offen praktizieren, ist durch nichts zu rechtfertigen und ist zutiefst widerwärtig. 

Die Europäische Menschenrechts­konvention schützt die freie Religions­ausübung und aus religiösen Gründen darf niemand verunglimpft werden. Deshalb müssen und werden wir uns Islamophobie entgegenstellen. Interessant ist ja, dass es dieselben politischen Gruppierungen sind, nämlich politisch weit rechtsstehende Parteien, die früher durch antisemitische Positionen aufgefallen sind, und die jetzt islamophob unterwegs sind. 

Während meiner Rede vor dem Kongress

Meine Damen und Herren,
in einer Verfassungsänderung haben wir uns in meiner Region Branden­burg die Bekämpfung des Antisemitismus als Staatsziel aufgegeben. Wir fördern jüdisches Leben in Brandenburg und unterstützen Projekte für Demokratie und Vielfalt. Außerdem werden wir als Parlament einen Antisemitismusbeauftragten installieren. Der Angriff der Hamas auf Israel und die nachfolgenden Militäropera­tionen Israels im Gaza-Streifen bewegen die Gemüter auch in Deutsch­land. Aber genauso, wie das Morden der Hamas nicht dazu führen darf, alle Muslime als Terroristen einzuordnen, dürfen auch die Aktionen der israelischen Regierung und die vielen zivilen Opfer nicht „den Juden“ allgemein zugeordnet werden.

Es ist inakzeptabel, wenn jüdische Studierende in Deutschland Angst haben, sich an ihrer Universität frei zu bewegen und am Betreten von Hörsälen gehindert werden, nur, weil sie jüdisch sind, wie das unlängst in Berlin geschehen ist. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Konflikt aus dem Nahen Osten in unsere Regionen, Städte und Gemeinden getragen wird, die damit nichts zu tun haben, und auf Menschen übertragen werden, die damit auch nichts zu tun haben. Ich bin überzeugt, dass der Schutz jüdischen Lebens, wie auch der unserer muslimischen Mitmenschen essentiell für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist und dass es daher die Aufgabe von Staat und Zivilgesellschaft ist, diesen Schutz zu gewährleisten. Entsprechend scheint es mir wichtig und sinnvoll, in unseren Regionen und Kommunen interreligiöse Dialogangebote anzubieten, aktiv zu fördern und zu unterstützen.

Der Kongress debattiert in dieser Woche unter anderem Antisemitismus und Islamfeindlichkeit.

Meine Damen und Herren,
Islamophobie und Antisemitismus sind nur zwei Seiten einer Medaille. Sie grenzen Menschen aus aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Minderheit. Deshalb kämpfen wir für eine gesellschaftliche Vielfalt, die Unter­schiede in dem religiösen Bekenntnis und in vielen anderen Dingen aushält und wertschätzt.

Vielen Dank